Leseranlage von Frank N. aus B.

Sehr geehrte HIFI TUNES-Redaktion,

nunmehr den größten Teil meines Lebens beschäftige ich mich mit Lautsprechern – speziell mit (größeren) Bass-Hornsystemen (Vintage).

Als meine Freunde und ich Anfang der achtziger Jahre Klipsch-Hörner, JBL-Rutschen (4530 + 4520) und Schmacks-Hörner nachbauten, besaßen wir keine Reichtümer, um die begehrenswerten Originale zu erstehen. Ich selbst fing schon in meiner Jugend an zu experimentieren. Nach vergrößerten Schmacks-Hörnern für 10-Zoll-Treiber (also 1,25:1) folgte ein modifizierter Schmacks-Horn-Subwoofer mit 2 x 12-Zoll-Treibern (Isophon PSL 320/400S). Und da ich schon so einige größere Hörner – vor allem in Diskotheken – gehört habe und die HiFi-Gemeinde u. a. ja immer nur vom „ultimativen“ Klipschorn sprach (andere Eckhörner waren wohl unbekannt – na ja …), war es für mich endlich mal an der Zeit, ein Horn zu designen, dass auch noch zwischen 20 und 40 Hertz einen in dieser Liga noch nie dagewesenen Wirkungsgrad aufwies. Ich wollte unbedingt auch noch die Oktaven hören (fühlen), die andere Systeme lieber für sich behielten oder nur andeuteten. Man muss bedenken, dass in den Dreißigern und Vierzigern das Thema Tiefbass noch nicht so definiert wurde wie heute; es ging halt nur um Wirkungsgrad (meistens erst ab 40 oder 50 Hz, wenn überhaupt). Extreme Wucht auf der ganzen Linie wurde nur mit Groß-Systemen vom Schlage Western Electric (WE-Hörner), MGM (Shearer), JBL bzw. ALTEC Lansing (z.B. Model A1-VOTT) erreicht, und zwar mit wenigen Röhrenverstärker-„Wättchen“ …

Zurück zu meinem Eckhorn. Damals, also um 1993/94, war die rückwärtige Lautsprecherkammer noch geschlossen (ohne Reactance Annulling). Der Frequenzgang reichte sogar noch bis unterhalb von 20 Hertz hinab, aber leider mit sanftem Abfall unterhalb von 35 Hertz. Mitte 2005 entschloss ich mich dann, diesem Problem mit Hilfe eines auf 25 Hertz abgestimmten Helmholtz-Resonators zu begegnen, dessen schmalbandige Abstrahlung in Phase mit dem vorwärtsgeladenen Horn lag (Addition der Schallanteile). Die Bassreflexöffnung liegt zusätzlich in einer Ecke, begrenzt durch die Flächen von Horngehäusedeckel, Raumwänden und -decke. Mein Gedanke war, durch diese geometrische Anordnung gewissermaßen ein zweites Horn – wenn auch mit schmaler Bandbreite – zu verwirklichen. Mit Erfolg. Zwar erreichte ich mit diesem Horn keine 20 Hertz mehr, jedoch ist der steilflankige Schallpegelanstieg ab etwa 22 Hertz von „verheerender“ Wirkung. Der Schalldruckpegel ist nun in diesem Bereich dem mittleren Wirkungsgrad des Horns in etwa angepasst (Resonanz mit hoher Güte). Nicht nur bei speziellen (elektronischen) Musiktracks, sondern vor allem bei actiongeladenen DVDs ist die Wucht von extremem Tiefbass stets gegenwärtig und das sogar bei bereits geringer Lautstärke. Übrigens ist die Simulation mit „AJhorn 5.0“ beider Varianten – rückwärtig geschlossen bzw. ventiliert – verblüffend realistisch (siehe auch Diagramm „08-Simulation“); an dieser Stelle meine Hochachtung an den Schöpfer des Simulationsprogramms, Herrn Jost!

Nun könnte man meinen, dass dieses Horn in seinen Dimensionen ein „ehefraufeindliches“ Monster wäre und es vielleicht keine Kunst sei, mit einem solchen Lautsprecher eine derartige Performance zu erreichen. Bei meinen Überlegungen war jedoch mein primäres Ziel, ein wohnzimmerverträgliches Möbel zu schaffen – und sowohl meine Frau als auch meine Kinder stimmen zum Glück zu. Ich meine, dies ist mir gelungen, wenn man bedenkt, dass das Horngehäuse eine Stellfläche von weniger als 0,5 Quadratmeter (ca. 0,42 qm) beansprucht; abhängig von der Beschaffenheit von Fußbodenleisten und dem Vorhandensein von Wandsteckdosen. Zur Abstrahlung der Wirkleistung trägt der virtuelle äußere Trichter das Seinige bei (siehe „07-Trichter.jpg“). Eigens hierfür hatte ich ein Programm geschrieben, das – wenn auch unter vereinfachter Annahme der ebenen Schallwellenausbreitung – die Beugung der Schallwelle außerhalb des Gehäuses berechnet. Etwa 6,5 Quadratmeter Hornmundfläche ergeben sich hieraus, wobei Aufstellungsvarianten mit mehreren Hörnern für Diskotheken und Kinos problemlos realisierbar sind.

Wenn man sich die Einzelteile des Eckhorns mal näher betrachtet – ich stelle übrigens den Bauplan gern kostenlos zur Verfügung – so stellt man fest, dass die Komplexität vergleichbar ist mit der von Legenden wie beispielsweise Tannoys Autograph, GRF Corner oder Westminster Royal HE (SE), aber auch JBL Hartsfield, Lowther (Voigt) TP1 (Ambassador/London), Audiovector, Jensen Imperial Corner oder Jack Dinsdale, um nur einige zu nennen. Man sollte also schon einiges an dreidimensionaler Vorstellungskraft und handwerklichem Geschick besitzen, wenn man sich an den Bau diese Systems heranwagt.

Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses größere Horn eine Herausforderung für den einen oder anderen darstellt und vielleicht erfährt das sagenumwobene Basshorn-Thema aufgrund eines Artikels in Ihrem Magazin eine kleine Renaissance, wie etwa in den späten Siebzigern bis Achtzigern durch ACR.

Wichtiger Hinweis: Selbst wenn die Akzeptanz für dieses Horn seitens des Partners nur mit viel Überzeugungsarbeit errungen werden konnte, stellen sich für künftige Hornbesitzer noch zwei weitere Hürden: die Nachbarn und die Solidität des Hauses!
Und zum Klang könnte ich auch noch einiges beisteuern, schließlich handelt es sich ja in erster Linie nicht um ein Abbruchgerät, sondern eigentlich um eine HiFi-Komponente, übrigens mit hochauflösenden Fähigkeiten …

Für einen ungefähren Einblick vom Innenleben des „Hörnchens“ habe ich mal den besagten Bauplan beigefügt (09-Bauplan.pdf), den Interessenten auf Wunsch gern von mir ( M-F.Nickel@nord-com.net ) anfordern können.

Folgendes Equipment besitze ich:

* Vorverstärker: Pioneer SPEC-3 (Bj. 1977)
* Endstufe: Pioneer SPEC-4 (Bj. 1977)
* Plattenspieler: Dual CS 731 Q (Bj. 1980)
* Tonabnehmer: Shure V 15 Type IV
* DVD-Player: Pioneer DV-696AV
* TV-Gerät: Philips 32PW9520-Pixel Plus 2
* Eckhorn: vorwärtsgeladenes Druckkammer-System mit rückwärtigem Helmholtz-Resonator und 2 x 12-Zoll-Treibern Eminence LAB 12 (siehe Detail-Bilder, AJHorn-Simulation und Bauplan)
* Satelliten-Lautsprecher: Gehäuse mit Helmholtz-Resonator und Breitbandchassis Coral Beta-10 und Hochtonhorn Electro-Voice ST350B (aus z. B. Sentry III, IV, Patrician II)

Noch etwas Grundsätzliches, was immer wieder gern übersehen wird: Um eine wirkungsvolle Tiefstbassabstrahlung erreichen zu können, braucht man – abhängig von einigen anderen Eigenschaften – einfach eine gewisse Mindesthornlänge, die bei allen mir bekannten vorwärtsgeladenen Eckhörnern (und bei den meisten „Nicht-Eckhörnern“) mit maximal 1,5 Metern einfach nicht gegeben ist. Zudem kann man dieses Defizit auch nur eingeschränkt mit großen Horntreibern (15 bis 18 Zoll; Stichwort Verschiebevolumen) kompensieren, wobei sich unterhalb der unteren Grenzfrequenz der Hornstrahler zunehmend als Direktstrahler verhält. Dies ist eine mathematische und praktische Gewissheit, die unweigerlich dazu führt, dass meistens mit einem frühzeitigen Pegelabfall bereits ab 40 bis 50 Hz gerechnet werden kann. Die so genannten Lambda/4-Hörner (rear loaded) haben, wenn nicht vorher der akustische Kurzschluss gnadenlos zuschlägt, bei verhältnismäßig großen Hornlängen mit vorzeitigen Pegel-Einbrüchen, also mit teilweisen Phasenauslöschungen, zu kämpfen.

Und ja, nun die Geschichte mit dem Klang …
Eigentlich mag ich gar nicht so gern darüber reden oder schreiben, da es möglicherweise doch nur unseriös wirken könnte. Denn es ist doch klar, dass (fast) jeder Vater behauptet, dass seine Töchter die schönsten sind. Und wenn ich dann noch von einem unglaublichen Klang (was auch immer das genau heißen mag) mit extremer Auflösung, luftigem Klang und explosivem Ansprechverhalten sprechen würde … na, das hört sich doch abgedroschen und komisch an, ist aber so. (Oh nein, jetzt habe ich es doch gesagt!)
Ich gebe zu, dass die Lautsprecher kein Paradebeispiel für einen linealgeraden Frequenzgang sein mögen, der von Herstellern und Testern immer wieder gern in den Vordergrund gerückt wird. Das macht aber nichts – die Suchtgefahr ist trotzdem vorprogrammiert. Durch die großzügige Abstrahlcharakteristik der Satelliten ist man zudem auch nicht unbedingt an eine feste Hörposition gebunden, insbesondere was die Höhenwiedergabe anbelangt. Und damit komme ich schon zu einem – nämlich meinem – Problemchen, das trotzdem manchmal schwer wiegt. Es ist zwar schon recht ordentlich, mit 0,1 Watt pro Kanal zu hören, aber hin und wieder überkommt es mich dann doch, auch mal mit 1 bis maximal 5 Watt pro Kanal hören zu wollen (aus gesundheitlichen Gründen allerdings nicht als Dauerpegel zu empfehlen). Und man ahnt es vielleicht schon – genau: meine Nachbarn. Trotz solider Bauweise unseres Reihenhauses – 2 x 17,5 cm Kalksandsteinwände plus 3 cm Trennfuge – schlägt die Urgewalt des Horn offenbar bedrohlich durch das Gemäuer. Um permanente Meinungsverschiedenheiten in puncto intensive Bassreproduktion aus dem Frequenzkeller zu vermeiden – der Musikgeschmack kommt noch hinzu – darf ich meine CDs und DVDs mit nur etwa den besagten 0,1 Watt (peak laut Wattmeter-Anzeige an 8 Ohm) bzw. knapp 0,3 Volt pro Kanal betreiben.
Schade eigentlich!
Der Vollständigkeit halber habe ich noch ein Bild von meinem besagten modifizierten Schmackshorn-Subwoofer (siehe „12-Schmacks“) von ca. 1982 beigefügt. Wie das große Eckhörnchen von der Seite aussieht, zeigt ein (leider) altes Bild. Extra ein neues Bild anzufertigen wäre sicherlich eine Quälerei für mich geworden …

Mit freundlichem Gruß
Frank N. aus B.

Download Bauplan