Leseranlage von Andreas S. aus S.

Hallo HIFI TUNES, hallo IMAGE HIFI,

die Rubrik Leseranlagen finde ich sehr interessant. Und zwar nicht nur, weil ich jeden Tag aufs Neue neugierig bin, was für eine Anlage eingestellt wird und welche Gerätschaften andere Leser/Musikhörer verwenden. Das zwar auch, darüber hinaus aber ist noch viel interessanter zu sehen, wie die Gerätschaften (egal welche) in die häusliche Situation integriert werden.

Diese Perspektive wird leider in HiFi-Zeitschriften allermeistens ausgeblendet. Entweder sieht man Einzelgeräte als Testobjekte, da spielt der räumliche Kontext, die Ästhetik der Wechselwirkung von Objekt und Umgebung logischerweise keine Rolle. Oder mit Werbefotos von Geräten und Lautsprechern, die in karg, aber elegant möblierten, überaus großzügig dimensionierten Räumen völlig kabelfrei aufgestellt sind, wird ein unrealistisches ästhetisches Ideal vorgegaukelt, das so nicht umgesetzt werden kann. In realen Wohn- (Hör-)räumen sieht es anders aus. Das zeigt jede neu eingestellte Leseranlage hier bei HIFI TUNES. Und gerade diesen Blickwinkel finde ich wichtig. Denn seitens der Hersteller und auch seitens der begleitenden Presse wird dem Aspekt der Ästhetik von HiFi-Gerätschaften unter dem Gesichtspunkt ihrer alltäglichen Nutzung meines Erachtens zu wenig Beachtung geschenkt. Die Industrie verkauft Einzelprodukte, die Presse beurteilt diese Produkte und gibt vielleicht noch Empfehlungen aus, wie man die Geräte sinnvoll aufstellt – aber nur nach akustischen Kriterien. Wie’s dann ausschaut, scheint keinen zu interessieren, das ist des Käufers/Hörers Privatsache. Wogegen ja auch nichts zu sagen wäre. Aber wie vermeidet man als ambitionierter Hörer die Gefahr, dass im Zuge der (nie endenden) Klangoptimierung der Anlage der Ort des Hörens ästhetisch auf der Strecke bleibt? Ich habe keine allgemein gültige Antwort darauf, möchte aber im Folgenden außer den Fakten zu meiner Anlage kurz deren Entstehungsgeschichte hinsichtlich dieser Fragestellung skizzieren. Ich hoffe, ich überschreite damit nicht den Rahmen dieser Rubrik.

Musikhören und Wohnen

Vorneweg: Mein Hauptanliegen ist, täglich-alltäglich mit Musik zu leben und zu wohnen. Mir ist nicht nur die Klangqualität meiner Musikanlage wichtig, sondern auch eine ästhetisch befriedigende Wechselwirkung mit dem Raum, in dem sie steht. Diese Zielsetzung ist nicht so selbstverständlich wie es scheinen mag (geschweige denn ihre erfolgreiche Umsetzung). Aus (mindestens) zwei Gründen:

Die Funktion der Anlage als Instrument der Musikrezeption zu Hause

Nicht jeder hört Musik in den Alltag integriert. Manche haben ihren eigenen Hörraum eingerichtet (den Hobbyraum im Keller oder ein extra Zimmer im Dachgeschoss nur für die Musikanlage) und ziehen sich zum Hören zurück. Ihre Anlage und deren Benutzung ist kaum in den Wohnalltag integriert, die ästhetischen Ansprüche möglicherweise entsprechend geringer, nicht hinsichtlich der Geräte bzw. der Anlage, aber hinsichtlich der Integration in den vorhandenen Kontext (eben diesen Hobbyraum oder das Hörzimmer). Für diesen Hörertyp sind ästhetische Fragen hinsichtlich der Integration der Anlage in den Raum, in dem sie steht, entweder kein zentrales Thema oder deutlich einfacher zu lösen: Der Raum dient ja ausschließlich dem Musikhören. Ich rezipiere Musik anders. Die Musik muss da spielen, wo ich „wohne“, wo ich sitze, lese, fernsehe, esse: im „Wohnzimmer“. Insofern ist die Ästhetik der Anlage unter der Perspektive der Korrespondenz mit dem Raum, in dem sie steht, sehr wichtig. Denn ich schließe nicht die Augen, wenn ich Musik höre. Und selbst wenn: Ich höre zwar viel, aber nicht ununterbrochen Musik. Und die Anlage ist (optisch) anwesend, auch wenn sie keine Musik spielt. Verkürzt formuliert: Meine Anlage soll sich dem Raum anpassen, und nicht der Raum ihr.

Ökonomische Rahmenbedingungen

Dass guter Klang plus gute Ästhetik nicht so selbstverständlich sind, hat noch einen zweiten Grund: Meine finanziellen Möglichkeiten erfordern Kompromisse. Nicht nur hinsichtlich der Anlage, sondern auch hinsichtlich des Raumes, in dem ich Musik hören möchte bzw. kann. Das ist, wie gesagt, das Wohnzimmer – ein Raum, der mehreren Funktionen gerecht werden muss. Und das bringt Konflikte mit sich. Die Anlage braucht Platz (insbesondere die Lautsprecher), zur vollen Entfaltung der akustischen Qualität ist das Wohnzimmer raumakustisch möglicherweise eher ungeeignet oder schlicht zu klein, und man möchte im selben Zimmer ja auch gerne noch bequem sitzen können, egal ob zum Musikhören oder aus anderen Gründen.

Kommt dann noch hinzu, dass auch andere Menschen im selben Zimmer sitzen wollen und man dort auch gleichberechtigt fernsehen möchte oder Filme schauen (lieber eine untertitelte Originalfassung zu Hause als eine Synchronfassung im Kino), dann ist eine zufriedenstellende Lösung nicht so einfach. Kurzum: Meine ökonomischen Rahmenbedingungen lassen kein 50-Quadratmeter-Zimmer zu und auch keine getrennten Anlagen für Musik und Fernsehen/Filme. Und in meinem/unseren (vergleichsweise) kleinen Wohnzimmer (22 Quadratmeter) lässt sich eben keine besonders große Anlage aufstellen, insbesondere keine großen, freistehenden Standlautsprecher, da man ja irgendwo auch noch gehen möchte und muss.

Das schafft einen Rahmen. Vielleicht ist man nicht so glücklich über diesen Rahmen, aber die Begrenzung im räumlichen und finanziellen fördert eher die eigene Phantasie, etwas zusammenzustellen, was einen klanglich und optisch – trotzdem – zufriedenstellt. Denn die Lust am Musikhören, ja eher noch das Bedürfnis, Musik ins Leben zu integrieren, ist ja ungebrochen.

Meine Anlage

Quellen:
Amazon 3 (mit Clearaudio Tonarm und Transrotor Merlo Reference)
Sony PlayStation (PSone, modifiziert)
TV und DVD-Player von Panasonic

Verstärker:
Vorverstärker Linn Kairn
Subwoofer Nubert AW-550 (bis 80 Hz)
Mono-Endstufen Crimson CS 630C (ab 80 Hz)

Lautsprecher: Audiodata Partout

Strom:
Filter, Stromverteiler und Trenntrafo von Audioplan
Stromkabel von Kimber und Audience

Signalführung:
Cinch-Kabel von Clearaudio (fest mit dem Tonarm verbunden), Magnan Super Bronze (vom Vorverstärker zum Subwoofer) und Audience AU24 (vom CD-Player zum Vorverstärker, und vom Subwoofer zu den Endstufen)
Lautsprecherkabel Audience AU24

Aufstellung:
„Rack“: Ikea Träby
Schieferplatten
Clearlight Audio RDC-Elemente (teilweise mit Unterlegscheiben und Combi-Basen)

Diese Zusammenstellung ist sukzessive entstanden nach einem Umzug vor etwas mehr als drei Jahren. Die früheren Standlautsprecher waren danach nicht mehr möglich. Ich habe mich für Kompaktlautsprecher in Kombination mit einem Subwoofer entschieden. Das hatte gleich zwei Vorteile: Platzersparnis und (aufgrund der quasi halbaktiven Lösung) eine sehr gut regelbare, an den Raum anpassbare Bassintensität (insbesondere bei kleineren Räumen wichtig). Die Kompaktlautsprecher wollte ich nicht frei auf Ständer aufstellen (das wäre kein wirklicher Platzgewinn), sondern nahe der Wand, in ein Regal integriert. Der Hochpassfilter des Subwoofers löst dieses Problem sehr wirkungsvoll.

Ein längerer Versuch, das HiFi-Rack in ein raumhohes und über 3 Meter breites Ivar-Regal (Ikea), in dem Fernseher und alle Platten und CDs untergebracht waren, „einzuschieben“, war zwar akustisch durchaus akzeptabel, aber ästhetisch unbefriedigend (ein altes Foto von der Abbauphase lässt vielleicht die optische Wuchtigkeit noch erahnen).

Die Befreiung aus diesem Dilemma brachte der Verzicht auf ein Rack im herkömmlichen Sinne und die Auslagerung der (meisten) CDs in einen anderen Raum. Stattdessen stehen alle Geräte (außer dem Subwoofer) auf horizontal angeordneten Ikea-Möbeln (Serie Träby), die mir nicht nur als Basis für die Anlage dienen, sondern gleichzeitig noch einen Großteil meiner Schallplatten aufnehmen.

Mit diesen Maßnahmen (Verzicht auf ein Rack, wand-nahe Lautsprecheraufstellung) und vergleichsweise kleinen Geräten (die optisch unauffälligen Crimson- und Linn-Geräte finde ich ideal dafür) konnte ich meine Musikanlage optisch zu meiner Zufriedenheit in unser Wohnzimmer integrieren.

Und klanglich?
Die maximal erreichbare Klangqualität ist natürlich von den Hauptgeräten abhängig, meine Erfahrung ist aber, dass es sich genauso lohnt, in die „Peripherie“ zu investieren. Das, was man nicht gleich sieht (und möglicherweise zu wenig beachtet): die Stromversorgung, die Signalführung und die Aufstellung. Meiner Meinung nach sind die Schieferplatten zusammen mit den RDC-Elementen nicht nur ein gleichwertiger Ersatz für mein früheres Rack (Creaktiv Basic), sondern ein klanglicher Fortschritt. Und die Kabel von Audience halte ich für hervorragend. Besonders erwähnen möchte ich das Magnan Super Bronze (Vorläufer des Silver Bronze). Dessen Einbindung in die Anlage habe ich als richtig großen (Fort)-Schritt erlebt.

Übrigens: Fast alle aufgelisteten Geräte und Kabel sind Second-Hand-Käufe, sie wären sonst nicht finanzierbar (besonders die hierzulande teuren US-Kabel). Noch eine Anmerkung zum CD-Player: Ich habe früher die Berichte über die PSone eher beiläufig verfolgt, mir dann aber vor einiger Zeit aus Neugierde doch eine Konsole über eBay gekauft. Dieses kleine Teil hat mich klanglich so überrascht, dass ich mir (auch wieder über eBay) eine Tuning-Version zugelegt habe. Und ohne jetzt deren absolut Klangqualität einstufen zu wollen (dazu fehlen mir auch die Vergleichsmöglichkeiten): Seitdem ich mit der PSone höre, mache ich mir keine Gedanken mehr, ob das so richtig klingt, oder vielleicht zu „digital“ oder der Bass noch etwas straffer sein könnte oder was auch immer. Deckel auf, CD rein, Deckel zu, Fernbedienung drücken: und ich höre – Musik.

Zufriedenheit

Um zum Schluss nochmals den Begriff „attraktiv“ von der HIFI TUNES-Seite aufzugreifen: Ich weiß gar nicht, ob ich eine „attraktive“ HiFi-Anlage besitze. Es ist mir aber gelungen, meine Ansprüche (sowohl klangliche als auch ästhetische) im Rahmen meiner Möglichkeiten zufriedenstellend umzusetzen. Und auch wenn es oft heißt: „Der Weg ist das Ziel“, so ist es eine wohltuende Freiheit, dass ich derzeit nicht über weitergehende Veränderungen nachdenke, sondern einfach abends die Anlage einschalte und CDs oder Platten höre – eine Freiheit, die in Zeiten rastloser Suche nach dem (noch) besseren Klang allzu leicht in Vergessenheit gerät. Für den Moment gilt tatsächlich: Die Anlage dient meinem (all)täglichen Leben und Wohnen.
Und nicht umgekehrt.

 

Andreas S. aus S.